Vom Trommler- und Pfeifercorps über das
Tambour- und Fanfarencorps zum
Trompetercorps "Zierte Jonge" Niederzier 1922 e.V.
Gilt auch das Jahr 1922 als das Gründungsjahr des ersten Spielmannzuges, des früheren Trommler- und Pfeifercorps, so wissen wir aus der Überlieferung, dass es schon viel früher Trommler und Flötisten hier in Niederzier gegeben hat, die als Spielleute den Schützenzügen der hiesigen St. Nikolaus Schützenbruderschaft 1621 vorangingen. Wie weit diese Tradition zurückreicht, lässt sich heute nicht mehr sagen. Erst ab der Jahrhundertwende (1900) sind die ersten Namen bekannt. Erster Tambourmajor war wohl Josef Esser (Beiname Sedan), der mit dem Trommler Viehöver („Ida Stief“) und dem Flötisten Wilhelm Abels den Schützen voran zog. Als vorausgehender Mann des Schützenzuges gab er den Takt bzw. den Marschschritt an.
Etwa um 1910 gab Josef Esser den Tambourstab an Heinrich Kaul weiter, der wenig später kurz vor seinem Tod Wilhelm Erkens zu seinem Nachfolger ernannte. Unter dessen Leitung spielte in den folgenden Jahren Josef Cremer die Trommel und Hubert Schmitz aus Steinstraß die Flöte. Weiterhin wirkten um diese Zeit noch als Spielleute mit: Matthias Esser aus Hambach, Heinrich Küster aus Oberzier und Wilhelm Wiegand aus Krauthausen.
In den Jahren des ersten Weltkriegs wurden die jungen Männer aus unserem Dorf zum Wehrdienst herangezogen. Dies erklärt die Tatsache, dass zuvor genannte Spielleute aus benachbarten Orten hier in Niederzier musizierten.
Zum 300-jährigen historischen Schützenzug 1921 gingen unter der Führung von Tambourmajor Wilhelm Erkens die Spielleute Gottfried Neunzig, Josef Cremer, Cornelius Bodden (Berg) und Matthias Esser (Hambach) dem Festzug voran. Gottfried Neunzig war zu dieser Zeit aktives Mitglied im Corps Hambach. Anfang der zwanziger Jahre widmeten sich die Spielleute wieder einem alten Brauch. Sie zogen am Vorabend des Nikolausfestes durch das Dorf und spielten zu Ehren des Schutzpatrons der hiesigen Schützenbruderschaft dabei die alten Nikolauslieder. Bis in diese Zeit hinein war die Schützenbruderschaft alleiniger Träger des Spielmannswesens.
In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg wurden in unserer Gegend vielerorts Spielmannszüge gegründet. So lag es nahe, dass auch die Niederzierer Spielleute sich Ende des Jahres 1922 zu einer festen Spielgemeinschaft zusammenschlossen. Gründer des Corps war Gottfried Neunzig. Seinem Idealismus und seiner Tatkraft ist es zu verdanken, dass aus der anfänglich kleinen Schar das "Trommler- und Pfeifercorps Niederzier" entstand. Mitbegründer waren: Corneluis Bodden, Josef Bodden, Johann Cremer, Wilhelm Erkens, Heinrich Fassmann, Johann Müller und Werner Müller. Als Tambourmajor fungierte anfangs noch Wilhelm Erkens. Ausbilder des neuen Corps wurde Gottfried Neunzig. Er hatte trommeln und pfeifen in Hambach gelernt und gab nun sein musikalisches Können mit Begeisterung an die neuen Spielkameraden weiter.
Etwa 1929 wurden die ersten Uniformen angeschafft. Schlicht war ihr Aussehen: Weißes Hemd, weiße Hose, dazu eine schwarze Schirmmütze. 1930 nahm das Corps erstmals in Hambach an einem Spielmannswettstreit teil und errang auf Anhieb den ersten Preis.
Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden die Spielmannsvereinigungen weitgehend untersagt. Überall im Lande wurden auf Anordnung der neuen Herrscher Spielmannszüge unter dem Namen "Hitlerjugend" gegründet, deren Mitglieder Jugendliche im Alter von 10 bis 12 Jahren waren. Auch Gottfried Neunzig wurde mit der Gründung einer solchen Gruppe beauftragt. Mit Blick in die Zukunft, in der Hoffnung auf bessere Zeiten und der Erhaltung des Spielmannswesens, nahm er diese Aufgabe wahr. Sieben junge Spielleute aus seiner Gruppe verloren während der kommenden schrecklichen Kriegsjahre ihr Leben. Tod, Zerstörung und unfassbares Leid waren die Folgen dieser unseligen Schreckenszeit.
1947 wagte Gottfried Neunzig einen neuen Anfang. Um ihn gruppierten sich die Spielleute Franz Bau, Peter Bodden, Heinrich Faßmann, Konrad Herzogenrath, Josef Klein, Peter Nork, Josef Schoch, Franz Stelzner und Paul Stelzner. Bald waren die Spielleute auch wieder einheitlich uniformiert, wenn auch vorerst nur in schwarzen Hosen, weißen Hemden, schwarzer Schärpe und mit schwarzer Mütze. Auch die im Krieg zerstörten Instrumente waren unter großen Schwierigkeiten durch Neue ersetzt worden.
In zahlreichen Übungsstunden verbesserten die Spielleute unter der altbewährten Leitung ihres Tambourmajors hinaus ihr musikalisches Können. Auf Grund ihrer guten Leistungen reichte ihr Bekanntheitsgrad auch bald über die Grenzen des Dorfes hinaus, und auf den noch wenigen Dorffesten und sonstigen Veranstaltungen waren sie stets gern gesehene Gäste. Arnold Broicher, Johann Erkens, Peter Frinken, Bernhard Lauterbach, Adam Oellers, Engelbert Rütten, Andreas Simons (Huchem-Stammeln, Driedes Schneider, Willi Schwalbach und Werner Wirtz gesellten sich zu den bereits Erwähnten mit in die Reihen des Corps.
Während der Zeit des Wiederaufbaus und des wirtschaftlichen Aufschwungs in unserem Land, beendeten nach und nach etliche Spielleute altersbedingt ihr Mitwirken in unserem Verein. Nachwuchssorgen taten sich auf. In einer neuen Gesellschaft mit sich ändernden Lebensgewohnheiten und zunehmenden Freizeitansprüchen fanden sich nur wenige Idealisten für aktive Vereinsgestaltung. Um Attraktivität bemüht, beschloss man in Anbetracht dieser Notsituation die Anschaffung von Blechblasinstrumenten. Vereinsneulinge wie Hans Cremer, Franz Heinz Eßer und Theo Jansen waren es, die mit Signalhörnern den neuen Klang erstmalig in Niederzier zu Gehör brachten.
1960: Erstmals wurde ein Hahnenkönig ermittelt, der sich auf der Herbstkirmes präsentierte.
1965: Nach mehr als 40-jähriger Tätigkeit trat unser Vereinsgründer und Tambourmajor Gottfried Neunzig von seiner aktiven Spielertätigkeit zurück. Für seine außergewöhnlichen Verdienste wurde er zum "Ehrentambourmajor" ernannt. Von Gottfried Neunzig übernahm Johann Erkens den Tambourstab.
1966: Mit der weiteren Umstellung und Neuorientierung auf Instrumente wie zum hiesigen Zeitpunkt die Fanfare, fanden alsbald auch etliche musikinteressierte junge Leute den Weg zu unserem Verein.
1968: Durch Beschluss der Generalversammlung vom 16. Juni 1968 erhielt das Corps Vereinsstatus. Erster Vorsitzender wurde Franz Heinz Eßer.
1969: Neue Uniformen wurden angeschafft. Neben schwarzen Uniformjacken ließ man eine prächtige rote Husarenuniform schneidern. Letztere wurde nur durch den Verkauf eines Bullen ermöglicht, der als Bullenkalb von Johann Erkens aus seinem landwirtschaftlichem Betrieb eigens zu o.g. Zweck dem Verein zur Verfügung gestellt worden war. Während der Aufzucht des Kalbes wurde es von allen liebevoll "Fanfar" genannt.
1970: Der Einsatz von Ventilfanfaren, Trompeten und Bassfanfaren brachte neben der erhofften Klangverbesserung auch neuen Schwung in das Vereinsleben. Vorab wurde unter der Leitung von Herrn Josef Breuer aus Arnoldsweiler das Spielen nach Noten erlernt. Der neue Sound fand recht bald Anklang in der breiten Öffentlichkeit, insbesondere bei der Jugend.
1971: Arnold Klein wurde beauftragt, interessieren Vereinsneulingen das Spiel auf der Trompete zu lehren. Franz Heinz Eßer zeigte sich für die Gesamtproben verantwortlich. Aus Gründen der Doppelbelastung stellte er während der Generalversammlung im September sein Amt als 1. Vorsitzender zur Verfügung. Das inaktive Mitglied Peter Schneider wurde zum Nachfolger gewählt. Für das 50-jährige Gründungsfest im folgenden Jahr berief man einen Festausschuss.
1972: Mit einem Festakt am 2. September wurde das Jubelfest eingeleitet. Von allen Veranstaltungen erwies sich der Festzug als herausragendes Ereignis. 27 Trommler-, Pfeifer-, Fanfaren- und Musikcorps boten sowohl neben den Reiterinnen und Reitern des Oberzierer Reitvereins, als auch allen Ortsvereinen ein farbenprächtiges Bild. Inmitten der zahlreichen Musiker aus Düren, Jülich, Bergheim, Aachen und Heerlen (Holland) chauffierte man Hahnenkönig Konrad Herzogenrath und Gattin in einer vierspännigen Kutsche vorbei an den dichtgedrängten Zuschauerreihen. In Verbindung mit den musikalischen Darbietungen und dem Bühnenspiel der einzelnen Musikgruppen berichtete die Dürener Zeitung später von einem "Musikfest der Superlative".
1972: Da man auf Drängen der Tierschutzvereine vom Brauchtum des Hahnenköpfens Abstand genommen hatte, führte ein Entschluss dazu, den Hahnenkönig zukünftig durch einen Schießwettbewerb zu ermitteln. Die Schützenbruderschaft bot dazu wohlwollend ihren Schießplatz auf dem Weihberg an.
1973: Nach langjähriger Leitung des Corps trat Johann Erkens als Tambourmajor zurück. An seine Stelle traten durch Neuwahl Franz Heinz Eßer sowie für ihn stellvertretend Arnold Klein. Eine neue, überarbeitete Satzung wurde von den Mitgliedern in einer Versammlung am 1. Mai verabschiedet. Fortan führte der Verein den Namen: Tambour- und Fanfarencorps "Zierte Jonge" Niederzier 1922 e.V.". Die Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Jülich erfolgte am 27. Juli. Die bereits im Vorjahr aufgegriffene Idee, am Heiligen Abend an mehreren Plätzen in der Ortschaft Weihnachtslieder darzubringen, wurde in diesem Jahr fortgeführt und erwies sich in den kommenden Jahren rasch als beliebter Brauch. Durch Wahlentscheid der Mitgliederversammlung vom 31. Oktober übernahm Arnold Kamphausen das Amt des ersten Vorsitzenden.
1976: Der Verein - mittlerweile den Namen "Fanfarenzug Zierte Jonge Niederzier 1922 e.V." tragend - präsentierte sich in neuen Uniformen. Neue Instrumente, unter anderem eine Bassgitarre mit Verstärkeranlage , sorgten für eine dynamische Steigerung im musikalischen Bereich.
1978: In diesem Jahr wurde die Herbstkirmes erstmalig in einem Festzelt auf dem Weihberg gefeiert. Steigende Besucherzahlen bestätigten, dass die Wahl dieses herrlich gelegenen Festplatzes richtig gewesen war. In der Mitgliederversammlung vom 12. Dezember unterbreitete der damals amtierende Präsident der KG Lich-Steinstraß, Rolf Albrecht, unserem Verein den Vorschlag zur Teilnahme an der Steubenparade in New York. Der Gedanke erhielt begeisterte Zustimmung und als die Idee gereift war, fand man mit dem "German-American Commitee of Greater New York" auch den richtigen Ansprechpartner für die umfangreichen Vorbereitungen.
1980: "Niederzier grüßt New York" lautete die Botschaft in großen Lettern auf einem Schild an die Metropole des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten. Und dann: Niederzierer Klänge in einer Weltstadt, in der das Leben Tag und Nacht pulsiert. Moderne Rhythmen und der Klang deutscher Marschklassiker fanden sich im Widerhall der schier endlosen Straßenschluchten zwischen den Giganten architektonischer Baukunst. Am Broadway, dem Herzen dieser Weltstadt, vor der Kulisse namhafter Schauspielhäuser, die allabendlich die Welterfolge der Musicals präsentieren, und auf den Stufen zur Grand National Bibliothek brachten die Zierte Jonge Ausschnitte ihres musikalischen Repertoires zu Gehör. Eine Fernsehanstalt strahlte die Parade des Fanfarencorps sogar als Abendnachricht aus. Die Teilnahme an der Steubenparade und die Besichtigungsfahrten in New York und Washington gelten als Erlebnis der besonderen Art noch heute als Glanzpunkte unserer Vereinsgeschichte.
1982: Das 60-jährige Vereinsjubiläum wurde mit einem rheinischen Abend mit Künstlern aus Funk und Fernsehen und einem Festakt gefeiert. Der Festzug mit dem Hahnenkönig Karl-Heinz Stelzner wurde von der Bevölkerung begeistert aufgenommen und mit viel Beifall bedacht.
1985: Am 31. Dezember erfolgte die gerichtliche Eintragung des neuen Vereinsnamens "Trompetercorps Zierte Jonge Niederzier 1922 e.V." in das Vereinsregister des Amtsgerichtes Jülich.
1992: Ein Novum zur Herbstkirmes war anlässlich des 70. Gründungsjahres der Große Zapfenstreich auf dem Innenhof unserer Burganlagen der Gemeindeverwaltung. Die perfekte Inszenierung übernahmen das Rheinbraun Orchester im Zusammenspiel mit dem Tambourcorps Klein-Kirchtroisdorf. Die erste Kompanie des Jäger Bataillons 533 Düren bildete in Begleitung etlicher Fackelträger dem Anlass entsprechend den feierlichen Rahmen zu diesem außerordentlichen Ereignis.
1996: Nach 23-jähriger Tätigkeit als erster Vorsitzender des Trompetercorps trat Arnold Kamphausen am 1. Oktober zurück. Als sein Nachfolger wurde der langjährige 2. Vorsitzende Karl-Heinz Stelzner gewählt.
1997: Mit Konzerten entsprechend dem Verlauf der Jahreszeiten weist das Trompetercorps auf das 75. Jubiläumsjahr hin und feiert die Herbstkirmes mit dem Hahnenkönig Horst Werres.
2012: Das 90-jährige Bestehen wurde mit dem Frühjahrskonzert im Bürgerhaus, dem Sommerkonzert auf dem Burginnenhof, einem Scheunenfest und dem Festkommerz entsprechend gefeiert.
2016: Im September hatten wir wieder die Ehre an der Steubenparade in New York teilzunehmen. Nach der Steubenparade wurde zusammen mit dem New York Firedepartment gefeiert. Zusätzlich hierzu haben wir noch zu einem Konzert auf Long Island beim Ompah Fest aufgespielt. Es war wieder ein herausragendes Ereignis, an welches wir uns immer wieder gerne erinnern werden. Diesmal wurde die Reise noch durch einen Besuch von Philadelphia und Washington gekrönt.
2017: Unser 95-jähriges Bestehen wurde wieder mit einem Frühjahrskonzert und mit einem Konzert im Oktober im Bürgerhaus unter dem Motto "Zierte Jonge - mal anders" gefeiert.
2020-2021: Diese beiden Jahre trafen uns alle hart, da durch die Corona-Pandemie jegliches gesellschaftliche Leben zum Stehen gekommen war. Doch hier sind wir trotz allem guter Dinge, denn wie unsere Chronik beweist, haben die "Zierte Jonge" bereits harte Zeiten überstanden. Der Probenbetrieb konnte im Juni 2021 unter strengen Bedingungen wieder aufgenommen werden und wird nach den Sommerferien, hoffentlich unter alten Bedingungen, wieder forgeführt.
In Würdigung ihrer Kenntnisse und ihrem steten Bemühen, Menschen in einer Gemeinschaft an eine Aufgabe heranzuführen, bedanken wir uns bei den Corpsführern Johann Erkens, Franz-Heinz Eßer, Arnold Klein, Willi Schröder, Frank Pelzer, Peter Gasper, Wiljo Weber und Stefan Grobusch.
Viel Zeit und Fleiß beansprucht die musikalische Ausbildung von Anfängern. Mit beispielhaftem persönlichem Einsatz sorgten und sorgen Hans Peter Saint-Mont, Franz-Heinz Eßer, Arnold Klein, Peter Gasper, Karl-Heinz Stelzner, Bernhard Lauterbach, Karl-Heinz Schulz, Wiljo Weber, Frank Pelzer, Willi Schröder, Franz Josef Meyer, Stefan Grobusch und Andrea Pelzer mit all ihrer Erfahrung dafür, musikinteressierten Menschen das Spielen eines Musikinstrumentes beizubringen.